Was für ein Theater!
Wenn man durch die Straßen Londons läuft, fällt schnell auf, dass die Londoner sehr kulturinteressiert sind, denn an jeder zweiten Ecke werden Musicals aufgeführt und auch Straßenkünstler sind überall zu sehen. Zwei völlig unterschiedliche Welten, die aber dennoch mehr verbindet, als man es auf den ersten Blick annehmen könnte. Beide basieren auf dem Ausdruck „Theater”, obwohl dieser Begriff die unterschiedlichsten Definitionen hat. Zu ihnen zählen: Tanztheater, Musiktheater, Sprechtheater, Figurentheater und viele weitere.
Das Theater besteht aus drei Grundbausteinen, die miteinander verbunden sind:
Die Schauspieler – Sie sind die Hauptakteure und schlüpfen in einzelne Rollen. Auch sind sie dafür zuständig, das Publikum zu unterhalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob es, wie im klassischen Sinne, reine Dialoge sind. Manche performen auch mit Gesang, Tanz oder ganz außergewöhnlichen Darstellungsmöglichkeiten.
Wie oben bereits erwähnt, benötigen Schauspieler das Publikum. Den meisten Zuschauern ist gar nicht bewusst, dass sie ein großer Teil des Theaters sind. Denn durch Szenenapplaus oder andere Reaktionen, wie lachen oder sogar Buh-Rufe, geben sie den Schauspielern ein Feedback.
Zuletzt ist die Fantasie ein wichtiger Aspekt. Sie ist der fundamentale Mittelpunkt des Theaters. Denn sowohl die Zuschauer, als auch die Schauspieler benötigen eine reiche Vorstellungskraft. Sie lässt das gleiche Stück für jeden einzelnen Zuschauer individuell wirken, da das Stück aus jedem Blickwinkel anders interpretiert werden kann. Für den Schauspieler ist die Fantasie der wichtigste Bestandteil: Um eine grandiose Show zu liefern, braucht es einen kreativen Einfluss und wenn es einmal nicht mehr so läuft, wie vorgesehen, dann ist Improvisationstalent von Vorteil.
Ein kleiner Blick nach Berlin zeigt, dass auch hier die Stadt von Theater, Opernhäusern und Musicals blüht und der Bedarf nach neuen Stücken stetig wächst. Erst letzten Sonntag wurde das Musical „Der Glöckner von Notre Dame” im Stage Theater des Westens neu inszeniert. Nach 15 Jahren kehrt das Stück, basierend auf dem Disney Klassiker und Victor Hugos Ursprungswerk, zurück auf die Bühne. Die Geschichte des buckligen Quasimodo, der unter dem Kardinal von Notre Dame Claude Frollo aufwächst und dessen unerwiderte Liebe zur Zigeunerin Esmeralda eine wundervolle Geschichte erzählt, begeistert und verzaubert zugleich.
Schon das Bühnenbild lässt einen in eine andere Welt eintauchen:
„Schon beim Betreten des Musicalsaals fühlt man sich wie in Quasimodos Glockenturm: (…)Das Bühnenbild besteht aus vier Bühnentürmen mit je zwei bespielbaren Ebenen. Sieben Glocken in drei verschiedenen Größen hängen von der Decke. Immer wieder hängt sich Quasimodo an ein langes Seil, um die größte Glocke zu läuten. Wenn sich der Schauplatz der Handlung aus dem Glockenturm fortbewegt, können die Glocken aus dem Bild nach oben gefahren werden.“ Marcel Reich, WELT 10.04.2017
Auch die Musicalsänger Sarah Bowden und David Jakobs brillieren in ihrer Vorführung. Vor allem aber Felix Martin in seiner Rolle als Claude Frollo fällt auf, denn seine Rolle hasst alles Fremde:
„Er lässt keinen Zweifel daran, dass er die „Zugereisten“, „Ausländer“ und „Bettler“ für Abschaum hält, der in seiner Stadt nichts zu suchen hat: „Manche Menschen sind weniger Mensch. Moralisch gesehen.“ Was er zur Flüchtlingskrise von heute zu sagen hätte, lässt sich denken.“ Marcel Reich, WELT 10.04.2017
Regisseur Scott Schwartz und Peter Parnell, der das Buch für die aktuelle Aufführung schrieb, leisteten ganze Arbeit und sorgen mit ihrer Inszenierung für ein Musical, das weit mehr ist als nur Entertainment. Denn die politischen Anspielungen werden auch weiterhin nicht an Aktualität verlieren.
Bis November wird „Der Glöckner von Notre Dame“ noch in Berlin aufgeführt, danach reist das Ensemble weiter nach München.